- 02.06.2014
- Supervision
Supervision
Berufsbezogene Beratungsformate wie Supervision, Mediation, Coaching und Organisationsberatung werden immer bekannter und zunehmend genutzt, um in unserer Arbeitswelt die Handlungsfähigkeit von Personen, Gruppen und Organisationen wiederherzustellen oder zu verbessern. Dem folgt das Bemühen um Profilierung der einzelnen Beratungsformate durch die Fachöffentlichkeit, um den jeweiligen Nutzen für die Kunden deutlich zu machen und damit eine Klarheit für die Auswahl der geeigneten Formate zu schaffen. Dieser Beitrag soll mit einer kleinen Einführung zum Beratungsformat Supervision dazu beitragen.
In den meisten Beratungsprofessionen gelten heute Ausbildungsstandards, in denen Supervision einen ausgewiesenen Platz innehat. Mit dem Mediationsgesetz geht die Entwicklung noch einen Schritt weiter, indem Supervision als Bestandteil der Ausbildung vorgeschrieben wird. Unter MediatorInnen ist das Supervisionsformat meist bekannt als Ausbildungssupervision im Rahmen der Mediationsausbildung und als Fallsupervision für praktizierende MediatorInnen. Häufig wird diese Form der Supervision von qualifizierten und erfahrenen AusbilderInnen für Mediation angeboten.
Die Geschichte der Supervision
Dieses Beratungsformat hat verschiedene Ursprünge und eine ihrer Wurzeln ist eng verbunden mit der Entwicklung der Sozialarbeit in den Vereinigten Staaten und England im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die ehrenamtlichen Helfer (Volunteers) der ersten freiwilligen Wohlfahrtsangebote wurden von bezahlten Hauptamtlichen, den sogenannten Paid Agents begleitet. Diese Begleitung fand in beratenden Gesprächen statt.
Die zweite Wurzel der Supervision liegt in der 1920 am Berliner Psychoanalytischen Institut eingeführten Kontrollanalyse. Im Rahmen dieser Säule der Psychoanalytikerausbildung stellten angehende Psychoanalytiker einem erfahrenen Ausbilder, dem Kontrollanalytiker, ihre Fälle vor. Als dritte Wurzel der Profession wird die, von dem Psychiater und Psychoanalytiker Michael Balint in den 1940er-Jahren entwickelte Gruppenarbeit zur beruflichen Selbsterfahrung, genannt. Sein Anliegen war es, Ärzte dahingehend zu trainieren, sich selbst und ihre Gefühle als Instrument in der Behandlung von Patienten zu nutzen. Dieses Konzept der Balint-Gruppenarbeit hat heute in vielen Supervisionsansätzen einen zentralen Stellenwert.
Supervision heute
Mit der Professionalisierung und Akademisierung der Sozialarbeiterausbildung erhielt das Supervisionsformat einen stärkeren Stellenwert in der Ausbildung. Damit wuchs in Deutschland der Bedarf an SupervisorInnen und ab 1964 entstanden erste Ausbildungsgänge. In den Folgejahren starteten viele Ausbildungsgänge an privaten Instituten und 1974 startete die Universität Kassel den ersten Diplomstudiengang für Supervision. Bis dahin meist nur in sozialen Arbeitsfeldern bekannt und dort früh zur Qualitätssicherung, Professionalisierung und zum Gesundheitsschutz eingesetzt, wurde diese Beratungsform zur Verbesserung der beruflichen Handlungsfähigkeit in den letzten Jahren weit über dieses Berufsfeld hinaus bekannt.
1989 wurde der Berufsverband Deutsche Gesellschaft für Supervision (DGSv) gegründet. Die Gesellschaft stellt sich in ihrer Broschüre »Supervision – ein Beitrag zur Qualifizierung beruflicher Arbeit« als soziale und gesellschaftliche Akteurin vor, deren Engagement der Gestaltung einer modernen und verantwortbaren Arbeitswelt gilt. Über 4000 Mitglieder sowie 27 Akademien, Hochschulen und Weiterbildungsunternehmen sind in der DGSv als persönliche und juristische Mitglieder aktiv, um das Supervisonsformat auf dem Beratungsmarkt und in der Fachöffentlichkeit in lebendigem Diskurs zu profilieren.
Dialog und fachliche Auseinandersetzung
Seitdem hat der Dialog zwischen den verschiedenen methodischen Schulen und die fachliche Auseinandersetzung mit den Nachbardisziplinen das Supervisionsformat sehr bereichert. Die Profession Supervision hat sich heute gemäß der Selbstdarstellung des Berufsverbands mit einem methodenübergreifenden, wissenschaftlich fundierten und praxisorientierten Konzept für personen- und organisationsbezogene Beratungstätigkeiten in der Arbeitswelt weiterentwickelt.
Berufsbezogene Beratung
Supervision ist neben der Organisationsberatung, dem Konfliktmanagement, der Fachberatung und dem Coaching ein Format berufsbezogener Beratung.
Sie grenzt sich insbesondere durch den Arbeitsgegenstand (dem beruflichen Bezug), die Komplexität und Bearbeitungstiefe der Reflexion von den Nachbarprofessionen ab. Sie wird im Gegensatz zur Mediation nicht bei Konflikten, sondern auf weniger hohem Eskalationsniveau eingesetzt.
Die besondere Qualität dieser personenbezogenen Beratung von Fachkräften und Führungskräften liegt im reflexiven Bearbeitungsmodus beruflicher Themen. Die Überprüfung und Verbesserung der Praxis, des beruflichen Handelns und der professionellen Interaktionen von Einzelnen und Organisationseinheiten sind Gegenstand der Beratung.
Die Einflüsse meist unbewusster Grundannahmen und Leitbilder – seitens der Person, der Profession, der Klienten oder auch der Organisation – auf das berufliche Handeln werden analysiert, die unbewussten Steuerungsprogramme erforscht und so der Reflexion zugänglich gemacht. Genau diese Erforschung der unbewussten Steuerungsprogramme und die damit verbundene Tiefe der Reflexion machen das Besondere und weit über Alltagsreflexionen unter Kollegen Hinausgehende an einer professionell angeleiteten Supervision aus. Sie besteht in der Hinleitung zu einem komplexen Verstehen beruflicher Probleme und ihrer zugrundeliegenden Steuerungsprogramme. Erst damit werden die Überprüfung des beruflichen Handelns, die Entwicklung von Handlungsalternativen und eine flexible und professionelle Gestaltung von Arbeits- und Klienten-/Kundenbeziehungen möglich.
Formen
Im Beratungsformat Supervision gibt es folgende Programme:
- die Fallsupervision
- die Teamsupervision
- die rollenbezogene Supervision, die häufig in der Einzelberatung zu Themen von Führung, Karriereplanung und Rollenklärung im Beruf stattfindet
- die Ausbildungssupervision zum Erlernen einer neuen Profession oder Methode
- die Organisationssupervision, die strukturelle Aspekte fokussiert
Autorin: Carla van Kaldenkerken
Im September erscheint mit dem neuen Buch von Carla van Kaldenkerken »Supervision und Intervision in der Mediation« die erste zielgruppenspezifische und praxisorientierte Einführung in die Anwendungsbereiche von Supervision für Mediatoren.