Schuldzuweisungen versus Lösungshandeln

Schuldzuweisungen | Wie Sie Konflikte sicher nicht lösen

Schuldzuweisungen sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Für Missstände gilt es immer jemanden verantwortlich zu machen. Das zeigt auch der Blick auf die Headlines in den Tageszeitungen: Egal was in der Politik, in der Wirtschaft oder im lokalen Umfeld passiert, eine Frage darf nie fehlen: „Wer ist schuld?“

Ein Denken in Schulzuweisungen zeigt sich auch dadurch, dass bei zwischenmenschlichen Konflikten die Suche nach Schuldigen meistens im Vordergrund steht. Lösungsorientiert ist dieser Zugang nicht. Im Gegenteil – in der Regel werden damit die Probleme nur verschärft.

Der Sündenbock löst keinen Konflikt

Die Konfliktkultur in unserer Gesellschaft zeichnet sich nach wie vor dadurch aus, dass Konflikte so lange wie möglich ignoriert oder verdrängt werden. Die Unsicherheit vieler Menschen im Umgang mit Konfliktsituationen ist einer der Gründe für dieses defensive Verhalten und die vielen Schuldzuweisungen.

Aber auch ein falsches Konfliktverständnis hindert viele daran, rasch auf vorhandene Spannungen und Unstimmigkeiten zu reagieren. „Konflikt = unangenehm“ und mit Unangenehmem möchte man sich nicht befassen. Diese Sichtweise ist in vielen Köpfen verankert. Die logische Konsequenz? Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Verdrängungen und Schuldzuweisungen heissen dann die Zauberwörter.

Und damit kommt es zur selbsterfüllenden Prophezeiung: Jeder Konflikt, der nicht thematisiert wird, eskaliert irgendwann und wird damit sichtbar. Und dadurch erhält unser negatives Konfliktbild neue Nahrung und sofort wird wieder die Frage gestellt: „Wer ist schuld?“. Dieses Spiel lässt sich beliebig lange fortsetzen. Und alle Beteiligten werden in ihren destruktiven Konfliktmustern bestätigt.

Einen Konflikt zu lösen, heißt „dahinter“ zu sehen

Lösungsorientiertes Denken und Handeln in Konfliktsituationen sieht ganz anders aus als Schuldzuweisungen zu machen. Es beginnt mit der richtigen Fragstellung. Anstelle von „Wer ist schuld?“ geht es um „Was oder wer steht dahinter?“. In der Konfliktmediation nennt man das auch „Beleuchten der Hintergründe“. Ein Beispiel:

Zwei Männer streiten in einer Bibliothek. Der eine möchte das Fenster offen haben, der andere geschlossen. Sie zanken herum, wie weit man es öffnen soll: einen Spalt weit, halb, dreiviertel, offen. Keine Lösung befriedigt beide.

Die Bibliothekarin kommt herein. Sie fragt den einen, warum er denn das Fenster öffnen möchte. „Ich brauche frische Luft“. Sie fragt den anderen, warum er das Fenster lieber geschlossen hat: „Wegen der Zugluft“. Nach kurzem Nachdenken öffnet sie im Nebenraum ein Fenster weit. Auf diese Weise kommt frische Luft herein, ohne dass es zieht.

Dieses simple Beispiel zeigt gut, was in der Konfliktlösung der Schlüssel zum Erfolg ist. Es geht darum, anstatt Schuldzuweisungen zu machen die Interessen und Motive der Beteiligten zu erkunden. Erst mit dem Wissen über die eigentlichen Motive der Konfliktpartner – „Ich brauche frische Luft“ und „Wegen der Zugluft“ – ist eine nachhaltige Lösung des Konfliktes möglich.

Wer sich für die Hintergründe eines Konfliktes interessiert, wählt immer den aufwendigeren Weg. Dafür hat er aber auch die Gewissheit, dass er nachhaltige Lösungen gestalten kann.

Schuldzuweisung versus Eigenverantwortung

Wir werden in unserem Leben immer wieder in Konfliktsituationen kommen – egal ob in der Familie, im Freundeskreis oder im beruflichen Alltag. Überall dort, wo Menschen zusammen leben und arbeiten, sind Meinungsverschiedenheiten wegen unterschiedlicher Sichtweisen oder Wertvorstellungen vorprogrammiert. Aber wir haben immer die Wahl, wie wir Schuldzuweiesungen machen oder lösungsorientiert reagieren.

„Du bist schuld“ – das ist eine Möglichkeit. Sie ist einfach – denn damit sehen wir die Verantwortung nur bei unserem Kontrahenten. Sie ist bequem – denn damit müssen wir an unserem Verhalten nichts ändern. Und sie ist gesellschaftlich akzeptiert – denn viele „Vorbilder“ und die Massenmedien zeigen uns täglich, wie es geht.

Aber damit geben wir den anderen auch die Macht über unser Leben. „Du bist schuld“ – das bedeutet nämlich auch, dass wir uns immer in der Opferrolle sehen. Die anderen bestimmen über uns und wir sind Ihnen willenlos ausgeliefert. Das ist ein hoher Preis für den scheinbar leichteren und bequemeren Weg.

Vielleicht sollten wir uns doch für den aktiven und damit auch für den anstrengenderen Zugang entscheiden – und uns in Konfliktsituationen die Frage stellen „Warum ist das so?“. Dafür können wir aber auch Veränderungen und Lösungen in unserem Leben selbst gestalten.

„Wenn ein Politiker nicht schwimmen kann,
ist grundsätzlich die Badehose schuld.“
(unbekannt)

Autor: Harald Schmid
Quelle: http://www.hrweb.at

www.metawechsel.ch

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