Führen will gelernt sein

Insbesondere Führungskräfte sind in ihrem Berufsalltag oft mit Themen wie Stresssituationen, Konflikte, psychische und physische Belastungen,Überforderung im Job etc. konfrontiert.  Vor allem bei Führungskräften und Managern ist zunehmend von den Gefahren des Burn-Outs die Rede. Die Auswirkungen von ausgebrannten oder überforderten Führungskräften bekommen auch deren MitarbeiterInnen und Angestellte zu spüren.

FrauenArgumente

Was sind aus Ihrer Praxiserfahrung die häufigsten Gründe für schlechtes Führungsverhalten?

Carola Kaltenbach

Es ist noch weit verbreitet, dass Führungskraft wird, wer sich fachlich durch außerordentliche Kompetenz zeigt. Fachliche Kompetenz ist jedoch kein Garant für Führungskompetenz. Leidenschaftliche Fachkräfte sind nicht immer die besten Führungskräfte!

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Wie reagieren MitarbeiterInnen auf einen schlechten Führungsstil?

Carola Kaltenbach

Allgemein kann man sagen, dass eine wesentliche Verhaltensreaktion Demotivation ist, die sich ganz unterschiedlich zeigen kann: Dienst nach Vorschrift, „innere Kündigung“, offener Widerstand, Umgehen der Kommunikationswege, Einschränkung der Kommunikation und Information auf das „Notwendigste“, Gerüchte, bis hin zu „staffing“, das sind Mobbinghandlungen gegen den/die Vorgesetzte/n. Gruppendynamisch kann sich auch ergeben, dass es eine Person unter den Mitarbeitenden gibt, die die fehlende Führungskompetenz ausgleicht und so den Chef/die Chefin entweder unterstützt oder schwächt.

FrauenArgumente

Kann man führen „lernen“? Welchen Stellenwert messen Sie der Qualifikation von Führungskräften bei?

Carola Kaltenbach

Ja, Führen kann man lernen. Qualifikation ist unabdingbare Voraussetzung für funktional klares und situativ angepasstes Führungshandeln. Es gibt keine „Naturtalente“, auch wenn die persönliche Vorerfahrung und persönlichkeitsspezifische Kompetenzen (Fähigkeit zum Zuhören,…) eine große Rolle spielen.

FrauenArgumente

Wäre eine „verpflichtende“ Weiterbildung für zukünftige Führungskräfte Ihrer Meinung nach sinnvoll?

Carola Kaltenbach

Wenn es sich um die Verpflichtung für angehende Führungskräfte handelt, bin ich uneingeschränkt dafür. Ich halte auch Weiterbildung für schon in Funktion befindliche Führungskräfte für unabdingbar. Selbstreflexion und vertiefte Auseinandersetzung mit Personenführung sollte im Rahmen der Führungstätigkeit selbstverständlich sein. Schwierige und kritische Situationen sollten regelmäßig (z.B. in einem Coaching) reflektiert werden. So erlangt eine Führungskraft auch Krisenkompetenz. Zu einer wirkungsvollen Burn-out-Prophylaxe gehört außerdem der Ausgleich zwischen den Lebenswelten (Arbeit- Familie- ich).

FrauenArgumente

„Als Frau darf man sich schon gar keine Fehler erlauben in einer Führungsposition!“ – Nehmen Sie das auch so wahr in Ihrer Arbeit? Sind die Anforderungen und Erwartungen an Frauen höher?

Carola Kaltenbach

Erfahrungsgemäß werden Frauen kritischer beobachtet und beurteilt. Zahlen kenne ich dazu keine. Frauen in Führungspositionen engagieren sich jedoch schon von sich aus mehr, um eventuellen Vorwürfen gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Daher sind sie in der Folge auch stärker belastet. Unternehmen, die die Kompetenz von Frauen in Führungspositionen schätzen, sorgen hier für Korrektheit und Klarheit in den Anforderungen und in den Arbeitsbedingungen.

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„Einmal Führungskraft immer Führungskraft?“ – Wie schwierig ist das Zurücktreten von der ersten in die zweite oder dritte Reihe, wenn der Job zu anstrengend wird, oder man die letzten Jahre der Erwerbstätigkeit noch genießen möchte? Wird ein solcher Schritt als Schwäche gewertet?

Carola Kaltenbach

Das „Zurücktreten“ wird als allerletzte Möglichkeit in Anspruch genommen, weil es mit dem Stigma des Scheiterns verbunden ist. Ich kenne persönlich nur eine Führungskraft, die diese bewußte und gut überlegte Entscheidung getroffen hat und bei der die persönliche Entwicklung und die familiäre Gesamtsituation enorm daraus gewonnen haben.

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Aus welchen Zutaten besteht Ihr Rezept für einen guten Führungsstil?

Carola Kaltenbach

Aus den notwendigen Werkzeugen für ein funktionales Führungshandeln (erlernbar in den angebotenen Aus- und Weiterbildungen für Führungskräfte), aus persönlicher und sozialer Kompetenz, aus kritischer Selbstreflexion, aus Mut, Klarheit, Zugewandtheit und der Fähigkeit zur Selbstfürsorge.

Interview von Sabine Traxler mit Dr. Carola Kaltenbach (Aus Frauenargumente Ausgabe 4/2014)

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