Eine tragfähige Feedbackkultur

Differenziertes Feedback zu Erfolgen, positivem Verhalten, Kompetenzen und Stärken sind in unserer Kultur eher selten. Nicht zuletzt deshalb ist die Selbstkompetenz bei vielen Menschen deutlich unterentwickelt. Gleichzeitig weiss jeder Mensch aus eigener Erfahrung, dass es gerade im Bereich des Verhaltens kaum einen besseren Weg gibt als das Lernen am Erfolg. In unserer Zeit gilt die Defizitdiagnostik als das Mass aller Dinge: Wir suchen und zählen die Fehler anstatt das Richtige. Verstellt uns das nicht den Blick für das Gute und das Normale? Feedback könnte damit beginnen, Stärken zu stärken. Der erste Schritt auf dem Weg zu einer konstruktiven Feedbackkultur heisst deshalb: Alle Beteiligten müssen regelrecht trainieren, Erfolge, Gelungenes, Stärken und Kompetenzen differenziert wahrzunehmen und verbal zu äussern.

Feedback konstruktiv äussern

Für eine gelungene Feedbackkultur muss Feedback ehrlich sein! Manche Menschen haben es jedoch „verlernt“, ein ehrlich gemeintes, positives Feedback anzunehmen. Ihr Ohr ist für Kritik viel empfänglicher als für Feedback. Konstruktiv Rückmelden heisst: Weniger kritisieren und stattdessen Möglichkeiten für Veränderungen aufzeigen bzw. Verbesserungen als Ideen formulieren. Diese Formulierungsart eröffnet dem Gegenüber die Möglichkeit zum Handeln. Jeder benötigt Feedback zur Aufhellung der „blinden Flecken“. Feedback ermöglicht dem Gegenüber die Möglichkeit des Lernens. Ein konstruktives Feedback ist bewusst und sorgfältig formuliert. Es beschreibt den Sachverhalt und – auf eine sensible Art – das eigene Erleben und Empfinden. Vor allem beinhaltet es konstruktive Komponenten. Mit dem in die Zukunft gerichteten Blick wird dialogisch eine gemeinsame Zukunftsvorstellung erarbeitet. Nur freiwillig gewählte Schritte ermöglichen eine eigene Zielvorstellung und eine Verhaltensänderung.

Lernprozesse auslösen

Die hohe Kunst der Feedbackkultur besteht darin, diese Zuhörbereitschaft zu sichern und beizubehalten, auch wenn unangenehme Dinge zur Sprache kommen. Dies setzt hohe soziale Fähigkeiten und ein gutes „Gespür“ für Menschen voraus. Das Einhalten von Feedbackregeln nützt nichts, wenn die innere Haltung des Gegenübers nicht stimmt. Der Empfänger muss sich selbst und seine Wirkung auf andere bewusster verstehen.

  • Verstehen Sie die Menschen! Beginnen Sie, die Verhaltensweisen von Leuten zu verstehen, indem Sie zuerst ihre Ziele herausfinden! Stellen Sie sich die Frage: „Was will jemand erreichen?“ oder: „Wozu ist dieser Person das so wichtig?“
  • Bitten Sie um Erlaubnis! Wenn Sie um die Erlaubnis für Feedback bitten und dann die Reaktionen anderer Leute auf Ihre Ideen suchen, kommen Sie effektiver voran. Das Gehörte löst anfänglich in der Regel Widerstand aus. Menschen brauchen Zeit. Sie müssen über das Gehörte nachdenken können.
  • Positive Ich-Aussagen – statt negative Du-Aussagen Das Sprechen in Ich-Aussagen ist von grosser Bedeutung für ein konstruktives Gespräch. Kommt beispielsweise ein Kollege öfter zu spät, macht es einen entscheidenden Unterschied, ob Sie zu ihm sagen: „Immer kommen Sie zu spät! Können sie nicht einmal pünktlich sein?“ oder (viel besser): „Ich komme sehr unter Druck, wenn Sie zu spät kommen.“ Die Du-Aussagen enthalten oft abwertende und beschuldigende Botschaften. Sie führen beim Angesprochenen eher zu Widerstand als zu einer Korrektur des Verhaltens.
  • Erfolgreiche Menschen suchen das Feedback Wenn Sie offen für gegenseitiges Feedback sind, erhalten Sie neue Erkenntnisse. Zuhören wird für ein dialogisches Gespräch vorausgesetzt. Um Feedback wirkungsvoll einzusetzen, zeigen Sie den Leuten, dass Sie für ihre Gedanken und Reaktionen empfänglich sind. Bemühen Sie sich um Feedback! Wenn Sie ein Feedback erhalten, hören Sie zu und werten Sie es aus! Wer Ihnen ein Feedback gibt, eröffnet Ihnen eine Lernchance. Darum hören Sie aufmerksam zu und achten Sie auf die Informationen!

Entwickeln Sie den Mut, nicht perfekt zu sein!

Mit dem Mut, nicht perfekt zu sein, kommt Gelassenheit in Ihr Leben. Sie hören auf, sich Sorgen um die Vergangenheit und Vergangenes zu machen. Stattdessen konzentrieren Sie sich auf das, was heute passiert. So können Sie … :

  • … Ihren Mitarbeiter ermutigen, das Beste zu geben – anstatt Perfektion zu erwarten.
  • … Fehler als Teil des Lernprozesses betrachten – und nicht als Versagen. Jeder macht Fehler. Fehler sind erlaubt, solange sie nicht vertuscht werden.
  • … das Verständnis zu fördern, dass kollegiales Miteinander im Vordergrund steht – und nicht die Überlegenheit, besser zu sein als andere.
  • … Bemühungen und Fortschritte anerkennen.

Feedbackkultur

  • Unter vier Augen statt öffentlich.
  • Kündigen Sie das Gespräch an, statt aus heiterem Himmel ein Feedback geben!
  • Geben Sie Feedback nur in einer Atmosphäre, in welcher das Gegenüber das Feedback auch annehmen kann!
  • Denken Sie daran: Es geht nicht um richtig oder falsch. Durch das Feedback soll eine Entwicklungsperspektive gefunden werden.
  • Vermeiden Sie Pauschalisierungen! Beziehen Sie sich viel mehr auf eine konkrete Beobachtung bzw. Situation.
  • Verwenden Sie Ich-Botschaften!
  • Zeigen Sie Auswirkungen auf! Verzichten Sie dafür auf Anklagen!
  • Unterscheiden Sie zwischen dem, was Sie wahrgenommen haben und ihrer eigenen Interpretation!
  • Geben Sie dem Gegenüber Möglichkeiten, seine bzw. ihre Sichtweise einzubringen!
  • Hören Sie dem Gegenüber aufmerksam zu! Versuchen Sie, sich in die Situation des Gegenübers einzufühlen!
  • Bleiben Sie offen und dialogfähig!
  • Unterstützen Sie bei der Lösungssuche: Bieten Sie Tipps an, anstatt sie aufzudrängen!
  • Beenden Sie das Feedback mit Ihren Gegenüber durch ein Gespräch über die gemeinsam erlebten Empfindungen.

 

Autor: Urs Bärtschi, https://www.coaching-magazin.de/artikel/baertschi_urs_-_feedbackkultur.pdf

www.metawechsel.ch 

Photo: Jon Tyson, Unsplash

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